2013

Pygmalion

von George Bernard Shaw

Fotos

Der Autor

George Bernard Shaw

*26. Juli 1856 in Dublin, Irland

†2. November 1950 in Ayot Saint Lawrence, England

Shaw war irisch-britischer Dramatiker und Satiriker.

Er wuchs in Dublin in schwierigen Familienverhältnissen auf. Seine Mutter verließ die Familie als er sechszehn war und somit blieb er zunächst bei seinem Vater. Er arbeitete zuerst als kaufmännischer Angestellter, zog aber bald nach London, um als Musik- und Theaterkritiker Fuß zu fassen. Seine ersten Romane, die er zwischen 1879 und 1883 geschrieben hatte wurden zunächst von verschiedenen Verlagen zurückgewiesen.

Ab 1895 nahm seine Karriere dann eine steile Entwicklung nach oben. Mit dem Beginn seiner Theaterkritikerrolle bei der Saturday Review und seinem ersten bekannten Stück “Candida”, 1898, legen sich die Grundsteine seines weiteren Weges. Er war Vertreter des intellektuellen Theaters und schuf das Diskussionsdrama.

Shaw war bis ins hohe Alter von 90 Jahren als Autor tätig. Nach seinem Tode, spendete er aufgrund seines Ärgers über die englische Orthographie einen Teil seines Vermögens für die Schaffung eines neuen englischen phonetischen Alphabets, das “Shavian Alphabet” (engl: “Shaw-Alphabet”).

 

Seine Werke und wichtigsten Auszeichnungen:

 

1898       Veröffentlichung seines ersten erfolgreichen Stückes, Candida

1913       Pygmalion erscheint

1925       Shaw erhält den Nobelpreis für Literatur

1939       Shaw erhält den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch Pygmalion: „Der Roman eines Blumenmädchens.“

Die Rollen

Elisa Doolittel, dargestellt von Barbara Meyer

Isch bin dat Lisschen Doolittle un isch verkauf Blome an d’r Eck vum Eijelstein.

Jebore bin isch eijentlich in Ihrefeld, ävver do kann et kein Sau ushalde. Han Se ens versök do en Wohnung zo meede? Ming Eldere han misch jo vür de Dür jesatz. Ävver wä bruch schon Eldere? Minge Pap versök der janze Daach de Lück et Jeld us d’r Täsch ze träcke. Arbeide jeht dä nit. Isch bin e brav Mädsche un kötte will isch nit.

Ming Jeschäfte laufe nit schläsch, ävver et künnt besser sinn. Isch wödt jo jään en Frollein in enem Blomejeschäf wääde. Neulisch han isch su ene Kääl jetroffe, dä hätt jesaat, hä künnt mer beibränge, wie mer ööntlich schwaade kann. Isch well den ens besöke, ävver isch jläuven dä es ene fiese Möpp. Wenn et esu es, kann isch jo wieder jonn.

 

Barbara Meyer 

Alfred Doolittel, dargestellt von Martin Böhrs

Guten Tag, die Herrschaften! Haben sie vielleicht etwas Geld für einen Müllkehrer in Not? Ich will sie nicht belästigen, aber das Leben ist hart für einen unwürdigen Armen, wie ich einer bin. Die Gesellschaft läßt mich im Stich, die Moral des Mittelstandes setzt mir zu und zu Hause wartet die Frau, die umsorgt werden will. Bei mir, liebe Herrschaften, ist ihr Geld gut aufgehoben, ich werde deswegen nicht zu einem Faulenzer werden.

Bis Montag ist alles ausgegeben, versprochen, und ich werde weiter wie bisher arbeiten müssen. Ich bitte nur um ein Bißchen, meine Kehle ist so trocken.

Was? Meine Tochter ist bei einem feinen Herrn untergekommen? Vielen Dank! Mal sehen, was sich da machen lässt…

 

Martin Böhrs
 

Oberst Pickering, dargestellt von Thomas Bardenheuer

Waren Sie schon in Indien? Ein sehr schönes Land. Ich kann es sehr empfehlen. Die Menschen sind dort sehr freundlich und ihr Dialekt erst!

Wissen Sie, dass es 24 verschiedene Vokale in der indischen Sprache gibt? Es ist ungeheuer faszinierend, dies auf phonetischer Struktur zu studieren. Ich bin stolz darauf, jeden Einzelnen davon aussprechen zu können.

Aber ich habe gehört, dass es in Köln einen Menschen gibt, der sich, wie meine Wenigkeit, mit Phonetik beschäftigt. Nur statt fremde Sprachen zu erforschen, hat sich dieser Henry Higgins wohl auf deutsche Dialekte spezialisiert. Sein Werk „Higgins Universalalphabet“ habe ich in kürzester Zeit gelesen. Ich habe es nahezu verschlungen, so fasziniert bin ich von seinen Thesen.

Deshalb bin ich aus Indien zurückgekehrt, um diesen Mann und sein Werk unbedingt näher kennenzulernen. Ich schaue mir hier aber erst mal Köln an. Diese Stadt hat sich ja in den letzten Jahren stark verändert. So viele Baustellen, und dieses Wetter!

 

Thomas Bardenheuer 

Prof. Henry Higgins, dargestellt von Michael Plotzitza

Mein Name ist Henry Higgins und Sie kennen bestimmt mein phonetisches Standardwerk „Higgins Universalalphabet“, ein Buch, das in keinem Phonetikerhaushalt fehlen sollte. Trotz meiner Erfolge bin ich auf dem Boden geblieben und ein netter, zuvorkommender und äußerst höflicher Mensch auch wenn meine Mutter, meine Haushälterin und viele weitere Menschen eine vollkommen andere Meinung haben.

Als Phonetiker beschäftige ich mich mit der Aussprache der Leute und schaue ihnen sprichwörtlich „auf den Mund“ und bringe irgendwelchen Mädchen aus der feinen Gesellschaft das vernünftige Sprechen bei. Ich helfe Leuten aus Kalk, Chorweiler oder dem Bergischen Land, also sogenannten Underdogs, durch das Schleifen ihrer Sprache einen vernünftigen Job zu bekommen. Und ich darf mich rühmen, schon mehreren Leute durch meine Ausbildung in fantastische Positionen im Rheinauhafen gehievt zu haben.

Dabei sehe ich mich nicht nur als Wissenschaftler, sondern ebenso als Künstler, fast schon in Dimensionen einen Goethes, einen Schillers, eines Brechts oder eines Grass’.

Ein Mann meiner Bildung führt selbstverständlich keine einfachen Gespräche; etwas, dass meine Mutter immer wieder aufs Neue zur Verzweiflung bringt. Aber was zum Teufel kann ich dafür, wenn sie sich nur Bildungslegastheniker einlädt, die nur schwerlich zwischen einem A und einem B unterscheiden können? Dabei ist das nur eine Frage der Übung.

Das musste ich Pickering, seit ein paar Wochen mein Kompagnon, schon mehrfach sagen. Wäre ich oben erwähnter Goethe, also ein Dichter und Wissenschaftler, so wäre er wohl Schiller. Ich habe eine äußerst delikate Wette mit ihm abgeschlossen: In sechs Monaten werde ich ein verdrecktes, widerliches Blumenmädchen aus Ehrenfeld zu einer Lady, einer Dame von

Welt, einer Herzogin machen. Und wenn sie sich nicht zu dumm anstellt, so werde ich meine Wette ohne große Probleme gewinnen.

 

Michael Plotzitza 

Frau Higgins, dargestellt von Rebecca Lay

Frau Higgins ist der Inbegriff einer feinen Dame, wohlerzogen und aus gutem Hause.

Sie hat die Sitten und Umgangsformen der gehobenen Gesellschaft dermaßen verinnerlicht, dass sie diese niemals hinterfragen würde. Sie trägt ihr Korsett in sich und fühlt sich nicht eingeengt sondern ausgesprochen wohl damit, weil es ihr Halt und Sicherheit gibt. Im Laufe ihres Lebens hat sie ihre Selbstkontrolle perfektioniert: spontane Gefühlsregungen wird man bei ihr kaum beobachten können.

Sie ist eine Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht und weiß was sie will. Das würde sie selbst aber nicht so formulieren, denn der freie Wille spielt in ihrem Entwurf eines gelungenen Lebens keine große Rolle. Ihr persönliches Glück findet sie durch geordnete Verhältnisse und Pflichterfüllung.

Sie ist eine Königin, die jede Szene, ob zu Hause oder auf Gesellschaften, zu beherrschen weiß. Ihre Autorität ist, ganz im Gegensatz zu der ihres Sohnes, so gefestigt, dass sie es niemals nötig hat, laut oder gar ausfallend zu werden. Ihrer Wirkung auf anderer Menschen ist sie sich sehr bewusst, bildet sich aber nichts darauf ein. Sie weiß, dass das Bild, das andere Menschen von ihr zu sehen bekommen, das Ergebnis jahrzehntelangen harten Trainings ist. „Ohne Fleiß, kein Preis!“ könnte das Motto ihres Lebens sein.

 

Rebecca Lay 

Frau Eynsford-Hill, dargestellt von Annette Bisier

Ich denke, Sie haben sicher schon von mir gehört, aber ich stelle mich der Höflichkeit halber gerne nochmal vor, ich weiß ja was sich gehört. Mein Name ist Elenonore Wilhelmine Eynsford Hill, von den Eynsford-Hills aus dem Bergischen, Sie haben von uns gehört, nicht wahr? Nicht? Nun, ich bin auch schon weit rumgekommen, wie sie sich vorstellen können, London, Paris… Sie kennen das ja, nicht? Obwohl, entschuldigen Sie, ich vergaß mit wem ich rede… Oh, na ja, mein Mann jedenfalls, Gott hab ihn selig, ganz armer Kerl, schlimme Knochen… aber meine Kinder!

Haben Sie meine Kinder gesehen? Stattlich nicht wahr? Ich bin auch ganz stolz! Freddy ist ein herrlicher Junge! Haben Sie seine Haltung gesehen? Majestätisch gar! Ja, aus ihm wird noch ganz was Tolles… Er könnte es glatt zum Botschafter bringen! Ja und Clara! Ja, Clara nun ja, sie ist hübsch, ne? Hübsches Mädchen… vom Benehmen allerdings… aber das liegt nur daran dass sie so viel rumkommt! Moderne junge Frau, ja, ich hab sie gut erzogen… soweit das bei ihr möglich ist störrisch… irgendwie, das Kind.

Ja, ich weiß wir wohnen nicht mehr in Marienburg… nun ja, die Zeiten sind halt nicht mehr so gut, das wissen Sie doch wohl am Besten! Mein Schal? Verständlich, dass der Ihnen auffällt… echtes Kaschmir, ja, ein Verlobungsgeschenk… ich muss dann auch weiter, ich bin gesellschaftlich sehr gefragt, müssen Sie wissen. Adieu.

 

Annette Bisier 

Clara Eynsford-Hill, dargestellt von Roya Abel

Mit einer so altmodischen Mutter wie Frau Eynsford-Hill und einem komplett unfähigen Bruder wie Freddy habe ich es aber auch wirklich nicht leicht. Ich meine, die meisten jungen Leute mit soviel Potential wie dem meinen werden von unserer veralteten Gesellschaft sowieso schon zermürbt.

Dabei ist es genau das, was wir brauchen. Ein bisschen frischen Wind. Dieses ganze Getue ist doch nichts wert, wenn man dabei keinen Spaß haben kann. Meine Mutter ist der Ansicht, ihr Weg sei der Richtige, doch nun ja sie liegt daneben und das werde ich ihr zeigen.

 

Roya Abel 

Freddy Eynsford-Hill, dargestellt von Dominic Jänichen

Ich bin Freddy, Freddy Eynsford-Hill. Ich kann im Großen und Ganzen nicht klagen — sieht man mal davon ab, dass ich in letzter Zeit all zu oft für meine Mutter oder meine Schwester den Laufburschen spielen darf. Aber was soll’s; ich habe da letzthin eine bezaubernde junge Dame getroffen. Wollen wir mal sehen!

 

Dominic Jänichen 

Frau Pearce, dargestellt von Lea Herzog

Guten Tag, wenn sie gestatten, Fräulein Pearce, die Haushälterin des berühmten Sprachwissenschaftlers Professor Higgins. Bei dieser Gelegenheit möchte ich Sie darauf hinweisen, dass wir in unserem Haus größten Wert auf Ordnung, Sauberkeit und Anstand legen. Tugenden, die man in der heutigen Zeit leider allzu schmerzlich vermisst.

Wenn Sie mich fragen, wo denn eigentlich ein Herr Pearce stecke, so ist dazu zu sagen, dass sich leider nie die Gelegenheit zu einer anständigen Partie ergeben hat.

Außerdem bin ich viel zu beschäftigt und habe in meinem Leben eine gewisse Stellung und Freiheit erreicht, die ich um nichts in der Welt aufzugeben gedenke. Und wer sollte sich dann um den armen Professor Higgins kümmern? Neulich wäre der Gute beinahe an einer Gräte in der Marmelade erstickt.

Aber nun genug geredet, an die Arbeit! Auf Wiedersehen.

 

Lea Herzog 

Stubenmädchen, dargestellt von Chiara Leonhardt

Das Stubenmädchen, das bin ich. Nicht mehr und nicht weniger. Ich kann von mir behaupten sehr vielseitig und klug zu sein. Und dennoch bin ich in diese gesellschaftliche Position hineingeboren worden. Nun, nicht jeder bekommt eben die Chancen die er für sich wünscht und die einem Menschen mit bestimmten Begabungen und Verstandesmöglichkeiten zustehen könnten. Dafür ist die Gesellschaft in der ich lebe einfach nicht gemacht.

Aber trotz allem habe ich eine Herrin, von der ich ohne Probleme sagen kann, dass ich sie respektiere und ihr damit gut dienen kann. Sie behandelt mich ebenso mit Respekt und gibt mir das, was ich zum Leben brauche. Das kann man jedoch von ihrem Sohn, der so gar nichts von den Qualitäten meiner gnädigen Frau geerbt zu haben scheint, nicht gerade sagen. Ich nehme ihn stillschweigend und leider oft eingeschüchterter als ich möchte hin. Jeder Mensch mit einem feinen Sinn für Ausgeglichenheit und Schönheit würde bei ihm an seine Grenzen kommen.

Dennoch: Ich mag meine Aufgaben. Man kann jedoch nicht sagen, dass es immer so gewesen ist, auch in Anbetracht dessen, dass ein Teil meiner Aufgaben darin bestand und immer noch besteht, die Launen des guten Herrn Higgins, dem „selbsternannten Genie“ des Hauses auszuhalten.

Als er ein junges Fräulein auf der Straße aufliest, scheint sich alles ein wenig zu verselbstständigen. Mal sehen, was noch kommt.

 

Chiara Leonhardt